Das herausfordernde Jahr des Thilo Späth-Westerholt

01. Juli 2021 Zurück zur Artikelübersicht »

Seit dem 1. Juli 2020 ist Thilo Späth-Westerholt Geschäftsführer der VfB Friedrichshafen Volleyball GmbH. Kurze Zeit davor hängte er dafür seinen Job bei der Sparkasse Bodensee und auch seine Karriere in der Bundesligamannschaft der Häfler Volleyballer an den Nagel. Nach einem Jahr an seiner alten und neuen Wirkungsstätte zieht Späth-Westerholt Bilanz und spricht im Interview über das Gefühl auf der Tribüne, die Herausforderungen in einem ganz speziellen Jahr und der Hoffnungen für die Saison 2021/22

Thilo Späth-Westerholt ist seit einem Jahr Geschäftsführer der VfB Volleyball GmbH | Bild: Mehl

Herr Späth-Westerholt, Sie haben nicht nur Ihre erste Saison als Geschäftsführer, sondern auch das erste Jahr absolviert, ohne auf dem Feld zu stehen. War das nicht ein sehr komisches Gefühl auf der Tribüne?

Tatsächlich war das am Anfang schon komisch, auf der Tribüne zu sitzen. Aber ich habe mich schnell mit der Situation arrangiert. Ich gebe aber schon zu, dass ich in der ein oder anderen Situation schon gern geholfen hätte – entweder als Spieler oder als moralische Unterstützung für die Mannschaftskollegen. Das hat mir schon gefehlt, weil ich auch kein Typ bin, der von der Tribüne runter brüllt.

Sie hätten sich ein einfacheres erstes Jahr als Geschäftsführer aussuchen können. Die Schließung der ZF Arena und die Corona-Pandemie waren Hürden, die auch für zehn Jahre noch ein dickes Brett gewesen wären. Wie sehen Sie im Rückblick Ihre Premierensaison im Chefsessel?

Insgesamt können wir alle zufrieden sein, dass wir dieses besondere Jahr durchgestanden haben. Wir standen im Sommer aufgrund der Corona Pandemie und dann im September nach der Schließung der ZF Arena schon vor der Frage „wie bekommen wir dieses Jahr jetzt hin?“. Wir können uns aber sehr glücklich schätzen, dass wir – auch dank der vielen Unterstützer – dieses Jahr wirtschaftlich und auch sportlich einigermaßen gut gemeistert haben.

Das heißt, dass Sie sich sportlich schon ein wenig mehr erwartet hätten?

In Friedrichshafen erwarten wir schon von der Mannschaft, dass sie um Titel spielt. Das haben wir im Pokal nicht geschafft, in der Bundesliga schon, auch wenn ich mir die Serie gegen Berlin zumindest knapper gewünscht hätte. Mit Mark Lebedew kommt jetzt aber ein Trainer, in den wir große Hoffnungen setzen. Und die Mannschaft, die sich gerade herauskristallisiert, kann wirklich großen Spaß machen.

Die Fans mussten in der vergangenen Saison zumindest in Sachen Liveerlebnis in die Röhre schauen. Haben Sie Bedenken, dass die Anhänger des VfB Friedrichshafen weniger geworden sind?

Es ist extrem bitter, dass wir Spieler wie Linus Weber im Team hatten und die Häfler Fans das alles nie live in der Halle erleben konnten. Und das hätte sich sicherlich nicht nur bei Linus gelohnt. Ich habe jetzt aber in vielen Gesprächen mitbekommen, dass alle heiß sind auf die kommende Saison. Ich bin im Moment guter Dinge, dass wir im Herbst wieder Zuschauer reinlassen dürfen und dass die Menschen Bock darauf haben, Volleyballsport live zu erleben.

Neben den Fans sind auch die Sponsoren ein großer Faktor für den Erfolg. Wie waren von dieser Seite die Reaktionen auf Ihr erstes Jahr als Geschäftsführer?

Auch da gibt es durchweg positive Rückmeldungen. Wir waren, trotzdem es keine Spiele live zu sehen gab, im ständigen Austausch mit den Sponsoren. Wir merken aber auch, dass den Partnern zum Beispiel der VIP-Bereich in der Halle fehlt – als Ort, um sich über Volleyball, über das Leben oder eben über andere Themen zu unterhalten. Es war schon in den Gesprächen zu spüren, dass unseren Sponsoren das fehlt und dass wir das für die kommende Saison ganz dringend wieder brauchen. 

Sie sind jetzt 34 Jahre alt. Marcus Böhme ist ein Jahr älter und hat gerade erst einen Zweijahresvertrag in Friedrichshafen unterschrieben. Könnten Sie denn noch ein ganzes Training mit den Profis durchstehen?

(lacht) Das müsste man wohl testen. Tatsächlich habe ich, seit die Saison 2020 Corona bedingt Mitte März abgebrochen wurde, keinen Ball mehr in der Hand. Außer vielleicht, wenn ich mit den Kindern gespielt habe, oder aber wenn ich im Training vorbeigeschaut habe. Ich habe mich sportlich auch nicht mehr richtig fit gehalten, sondern bin noch maximal ein bis zwei Mal die Woche mit meinen Laufschuhen unterwegs. Für mehr Sport fehlt leider die Zeit.