Sich selbst einen Traum erfüllen- Thomas Ranner und sein Weg ins Pokalfinale

03. März 2022 Zurück zur Artikelübersicht »

„Ursprünglich war das Ganze als Nebenjob gedacht. Ich wollte mir während des Jurastudiums ein bisschen was dazu verdienen und dachte, dass das als Volleyballtrainer ganz gut klappen könnte. Schließlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon selbst einiges an Erfahrung gesammelt“, verrät Thomas Ranner grinsend, wenn man ihm die Frage stellt, wie es eigentlich dazu kam, dass er sich selbst vom Spielfeld auf die Offiziellen-Bank verfrachtete.

Thomas „Bob“ Ranner ist das zweite Jahr Co-Trainer in Friedrichshafen | Bild: Kram

Seit 2020 steht der mittlerweile 34-Jährige nun schon als Co.-Trainer an der Seitenlinie des Rekordmeisters VfB Friedrichshafen und auch die deutsche Nationalmannschaft der Männer ließ sich nicht lange bitten und beförderte ihn vergangenes Jahr vom Teammanager zum Co.-Trainer. „Sich ein bisschen etwas dazu verdienen“ entwickelte sich binnen weniger Jahre zu Hauptberuf und Leidenschaft des gebürtigen Bayern.  Doch wer genau ist der Mann, der bei jedem Spiel stets mit gezücktem Stift und Tablet zur Rechten von Mark Lebedew Platz nehmen darf und der am kommenden Sonntag alles dafür tun wird, die Häfler Mannschaft zum Sieg im DVV Pokalfinale zu geleiten?

Bereits im Alter von 12 Jahren zog der damals noch weiße Volleyball den jungen Thomas Ranner nahezu magisch an. Er trainierte emsig in seinem Heimatverein SV Lohhof und schon bald entdeckten auch Trainer das Talent, das in dem hochgewachsenem „bayrischen Bub“ steckte. Somit ging es für Thomas Ranner nahezu übergangslos von der Talentschmiede des VCO Kempfenhausen in die erste Volleyball Bundesliga Deutschlands. In den darauffolgenden Jahren schlug er hier oftmals nahe seiner Heimat für die noch immer aktiven Erstligisten Herrsching und Haching, sowie auch für den heute in der dritten Liga spielenden TV Rottenburg auf.

Die größten Erfolge, die er in dieser Zeit auf seinem Konto verbuchen durfte, waren sowohl der Treppchenplatz im Kampf um die Meisterschaft im Jahr 2008, als auch der zwei Jahre später folgende fünfte Platz in der ersten Bundesliga. Ganz anders verlief seine Karriere in Sachen Pokal: „Pokaltechnisch fällt mir da echt nicht so viel ein, was man als Erfolg titulieren könnte. Mir geht es da ähnlich wie Mark. Ich bin echt einige Male im Halbfinale gescheitert.“, gesteht der angehende Diplom-Trainer und Ex-Profi ehrlich. „Wobei, das stimmt nicht ganz. Ich habe mal einen Pokal gewonnen. Den Bundespokal. Als Jugendlicher. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das zählen lassen sollten“, korrigiert er lachend.

Und genau dieser Umstand ist es letztlich, der das Spiel am kommenden Sonntag in Mannheim für ihn zu etwas ganz Besonderem machen wird. „Ich erfülle mir gewissermaßen meinen eigenen Traum. Klar macht es einen Unterschied, ob ich als Trainer oder Spieler in der SAP Arena stehen darf. Das ist mir vollkommen bewusst und ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Trainer am Finaltag häufig dazu tendieren, ihre Rolle zu überschätzen, aber letzten Endes bist du Teil des Teams und diese unfassbare Erleichterung und Freude, wenn man ein Finale gewinnt, ist bei allen ziemlich ähnlich.“

Doch noch ist kein Finale gewonnen. Die letzte Hürde, das Finale gegen die SVG Lüneburg, die bereits im Dezember vergangenen Jahres ihr Ticket nach Mannheim lösten, steht noch aus. „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Hinter uns liegen eine kräftezehrende Haupt- und Zwischenrunde, sowie die vielen Reisen aufgrund der Teilnahme an der Champions League. Glücklicherweise hatten wir in dieser Woche etwas Zeit, besser zu regenerieren. Lüneburg ist ein starker Gegner, den es strukturiert vorzubereiten gilt. Sie machen vieles gut. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir es besser machen können und werden“, meint Thomas Ranner.

In seiner Tätigkeit als Co.-Trainer leistet er seinen Beitrag, indem er die gegnerische Mannschaft im Vorhinein genau analysiert, Teile der Video-Sessions vorbereitet und intensiv mit einzelnen Spielern arbeitet. Wirklich unterscheiden von seinen Aufgaben vor einem regulären Ligaspiel tut sich das Ganze allerdings nicht. „Noch ist alles ganz normal und ich sehe auch nicht, weshalb wir jetzt irgendetwas großartig umstellen sollten. Wir müssen am Finaltag abrufen, was wir können und nichts komplett Neues versuchen. Vertrauen in unser etabliertes System und unseren Nebenmann sind es, die über Sieg oder Niederlage entscheiden werden“, antwortet er entschlossen.

Nichtsdestotrotz ist sich auch der noch junge A-Trainer bewusst, dass das Finale in Mannheim nicht vollkommen alltäglich sein wird. „Es ist mein erstes Finale in einer solchen Arena seit langem und ich freue mich wahnsinnig darauf. Noch würde ich nicht behaupten aufgeregt oder gar nervös zu sein, aber ich weiß, wie schnell sich das ändern kann. Es wird in jedem Fall eine unglaubliche Erfahrung sein.“

Unabhängig vom Ausgang des Finales steht eines fest. Thomas Ranner will und wird auch In Zukunft dem Job des Profi-Volleyballtrainers nachkommen. „Ich habe mein Jurastudium über den Haufen geworfen, habe umgesattelt und studiere nun parallel zu meiner Arbeit beim VfB an der Trainerakademie des DOSB in Kön, um Diplomtrainer zu werden. Jetzt tue ich endlich das, was ich wirklich liebe. Deshalb war es in jedem Fall die richtige Entscheidung.“

An ein Karriereende ist deshalb nicht nur aufgrund seines Alters noch lange nicht zu denken. „Ich weiß, dass es noch immer viele Dinge gibt, die ich lernen kann, weshalb ich umso dankbarer für meine Cheftrainer beim VfB als auch in der Nationalmannschaft bin. Sie bringen mir vieles bei, lassen mich aber gleichzeitig auch wirklich mitreden. Das ist aktuell was ich brauche und irgendwann bin ich dann sicher auch bereit, selbst die Verantwortung eines Cheftrainers zu tragen.“, überlegt er laut. „Doch erstmal, möchte ich unsere Pokalträume erfüllen“