Günthör ist angekommen

09. Oktober 2017 Zurück zur Artikelübersicht »

Der VfB Friedrichshafen ist Supercupsieger 2017. Mit 3:1 besiegten die Häfler den ewigen Konkurrenten Berlin Recycling Volleys, verteidigten den 2016 neu geschaffenen Titel und bleiben damit die einzige Mannschaft in Deutschland, die diesen Coup erringen konnte. Auf der Suche nach Gründen für Sieg und Niederlage sind sich Berlin und Friedrichshafen einig. Die bessere Mannschaft nahm den Titel mit nach Hause. Endlich angekommen in dieser „besseren Mannschaft“ ist nun auch VfB-Mittelblocker Jakob Günthör.

Günthör schlägt durch den Block / Foto Kram

Friedrichshafen (gms).Die Mannschaft des VfB Friedrichshafen jubelt in der Feldmitte und Jakob Günthör bekommt von Zuspieler Simon Tischer einen Klaps auf die Schultern. „Gut gemacht“ soll das wohl heißen, schließlich hat Günthör Sekunden zuvor dem Berliner Mittelblocker Aleksandar Okolic seinen Angriffsball direkt vor die Füße geblockt. Ein paar Minuten später schraubt Günthör seine 210 Zentimeter Körpergröße an gleicher Stelle nach oben, lässt wieder diesem Okolic das Nachsehen und beendet das Spiel. 3:1 gewinnt der VfB Friedrichshafen gegen Berlin. Günthör holt den Supercup – mit zehn erfolgreichen Angriffen aus zehn Versuchen, einem Monsterblock und einem Ass.

Lange musste der 22-Jährige auf diesen Moment warten. Seit der Jugend spielt er für den VfB, wuchs fünf Kilometer von der ZF Arena entfernt auf. Vergangene Saison wollte er bei den Profis angreifen. Seine Schulterverletzung verhinderte das. Jakob Günthör wurde Supercupsieger, Pokalsieger und Vizemeister. Allerdings selten auf dem Feld. Dieses Mal durfte er die volle Distanz gehen, in einem Finale gegen Berlin. Überraschend kam das für ihn nicht: „Vital hat mir das am Morgen im Training gesagt“, sagt er. „Ich habe gut gespielt in der Vorbereitung und auch gut trainiert. Das war jetzt der Lohn für die Arbeit.“

Mehr Worte zu seiner Leistung bekommt man aus dem eher stillen Mittelblocker dann aber nicht heraus. Auf die Frage nach diesem letzten Ball, den er zum Cupsieg versenkte, antwortet er, wie man es von einem Mannschaftssportler kennt: „Die Annahme war perfekt und Simon hat den Ball so geil zugespielt“, sagt er als sei der Rest dann nur noch Formsache gewesen. Passt aber zur ganzen Philosophie seines Trainers. „Wir haben nicht die besseren Einzelspieler“, sagte Heynen vor der Partie. „Aber wir sind die bessere Mannschaft und deshalb Favorit.“

Deshalb ist es auch fast unfair, Günthör aus dem Team herauszuheben. David Sossenheimer machte die meisten Punkte. Athanasios Protopsaltis ärgerte Berlin mit Raffinesse und machte sich damit zum wertvollsten Spieler. Bartlomiej Boladz war der Garant für die Trendwende im zweiten Satz. Die Liste ließe sich beliebig verlängern und auch Berlin hat das gemerkt. „Wir waren kein Team“ sind die erklärenden Worte von Diagonalangreifer Paul Carroll zur Leistung seiner Berliner. Vital Heynen hätte ihm das schon früher sagen können.

Berlins Manager Kaweh Niroomand reagierte gegenüber der Berliner Presse fast schon im Stile eines Fußballchefs. Man müsse „nachjustieren“, wird er zitiert. Personell auch? „Vielleicht“. Mit zwei Deutschen übrigens startete Berlins Trainer-Neuling Luke Reynolds in die Partie. Fünf hatte Vital Heynen im Startaufgebot und sicher keinen Grund nachzujustieren. „Das war ein erster Fingerzeig wo wir stehen“, sagt Jakob Günthör dann noch zur Verteidigung des Supercups. Die Meisterschaft sei der große Traum und das Ziel der Mannschaft. Spätestens jetzt muss man diese Ansage auch in Berlin ernst nehmen.

Jakob Günthör wird nun auf dem Zettel der Hauptstädter auftauchen. Auch anderswo. Vergangene Saison hatte er einen Kurzeinsatz in der Champions League. Der Verband erwähnte dies in seiner Pressemitteilung. Nur stand dort Max Günthör, nicht Jakob. Die CEV hatte immer noch Günthörs erfolgreichen Namensvetter im Kopf, der seine Karriere inzwischen allerdings an den Nagel gehängt hat. Passt aber irgendwie, denn in einem Interview sagte der 16-jährige Jakob vor sechs Jahren: „Mein großes Vorbild ist Max. Da will ich hin.“ Auf dem Weg dahin ist er.